Darf oder muss man sogar manchmal Gewalt unter Kindern zulassen?
Wenn ich dem Essay Töten ist menschlich von Hans-Ludwig Kröber glauben soll, dann ist es sogar so, dass man Gewalt nur verhindern kann, wenn man akzeptiert dass Töten in der menschlichen Natur liegt.
Ein interessanter Artikel, der mich mit seiner Theorie schon gefesselt hatte bevor ich über diesen Absatz stolperte:
„Die typische Konstellation: Die Täter sind vier Jungs, ihnen gegenüber zwei von vorneherein unterlegene, stark alkoholisierte Opfer. Von den vier Tätern trägt einer echte Zerstörungswut in sich und psychische Probleme, gerade so einer ist oft der Anführer. Zwei sind eigentlich intakt, aber noch dabei, herauszufinden, wer sie eigentlich sein wollen, und der vierte Junge ist häufig mustergültig sozialisiert, aber auch interessiert, das »männliche Leben«, den Kampf zu erfahren. In der Schule haben die Lehrerinnen allen vieren erzählt: Gewalt ist überflüssig! Man kann – stattdessen – über alles reden. Das haben die Kindergärtnerinnen, und Mutti, auch schon gesagt. Doch die Jungs wissen längst: Frauengerede.“
und weiter heißt es:
„In der Hochkultur und in der Pädagogik aber werden die traditionellen Konzepte von Männlichkeit zu Sekundärtugenden degradiert: Mut, Tapferkeit, Stehvermögen, Wehrhaftigkeit, Stärke – was soll das? Wozu soll es gut sein? Die moderne »weiche« Pädagogik versucht den Kindern einzureden, dass Gewalt böse ist, dass man sie immer vermeiden muss. Dass man im Zweifel nicht zurückhauen, sondern bei Erwachsenen Hilfe suchen soll, die dann anstelle des Kindes alles regeln. Keine eigene Macht aufbauen (als jemand, der Respekt genießt oder einer Gruppe angehört, die Respekt genießt), sondern im Schlepptau von Starken (im schlimmsten Fall der Mutter) agieren – man begreift, dass dieses Konzept bei den Jungs im Kindergarten, im Schullandheim oder bei der Bundeswehr auf sehr wenig Begeisterung stößt.“
Er folgert daraus:
„Zu einem rationalen Umgang mit der Gewaltgefahr gehört, dass wir sie nicht in sublime Hirnbezirke mit kaputten Spiegelneuronen verbannen, sondern als normal begreifen. Gewalt gehört zur conditio humana, dies zu verleugnen ist lebensgefährlich. Man kann Gewalt nicht durch Anti-Aggressions- oder Empathietraining beseitigen, man kann sie nur möglichst gut »einhegen«, wie die Historiker sagen. In Fesseln legen wie einst die Liliputaner den Gulliver.“
Eine These, die mich als (auch) Jungs-Mutter (2 Jungen, 1 Mädchen) natürlich anspricht, denn auch ich habe mich schon gefragt wie erziehe ich „richtig“, damit meine Jungs nicht irgendwann als Täter oder Opfer in solch eine lebensgefährliche Situation geraten?
Viele Gespräche und Überlegungen haben mich erkennen lassen, dass die Kampfbereitschaft (nicht Gewaltbereitschaft!) von Kindern nicht unterbunden werden sollte. Sie ist Teil von Ihnen und ist auch wichtig, aber sie muss in Bahnen geleitet werden. Und das ist denke ich was heute fehlt. Dieses Totprügeln hat es „früher“ wohl in der Tat nicht so häufig gegeben, das Prügeln allerdings schon.
Der Unterschied waren die Regeln. Zu zweit auf einen galt als feige, wenn jemand am Boden liegt ist Schluss — das reicht als Machtdemonstration. Derjenige, der noch steht hat gewonnen! Diese Regeln scheinen heute nicht mehr zu gelten und so stimme ich zu, wenn Hans-Ludwig Kröber schreibt:
„Gerade Jungen aber müssen auch das Kämpfen lernen, den körperlichen Kampf, den geistigen Kampf, allein und in Mannschaften und – selbstverständlich – am Computer. Den eigenen Körper zu beherrschen ist ein lohnendes Ziel. In der Auseinandersetzung mit anderen die eigenen Gefühle zu beherrschen und Regeln einzuhalten ebenfalls. Die Regeln müssen von allen geteilt und getragen werden, Verstöße führen zu Auszeiten und Strafen. Trainierte Selbstdisziplin, auch und gerade wenn es wehtut und man wütend wird, ist ein Ausdruck der eigenen Stärke.“
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